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Gender Mainstreaming

Geschlechtergerechtigkeit – von der Nische in den Mainstream

Noch immer haben Frauen und Männer in vielen Lebensbereichen nicht die gleichen Verwirklichungschancen, was sich in einer ungleichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Teilhabe der Geschlechter niederschlägt. Die strukturelle Benachteiligung von Frauen ist bis heute an der Tagesordnung – da reicht ein Blick auf den Gender Pay Gap oder auf die mangelnde Repräsentation von Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft und Politik. Chancengleichheit ist gesetzliches Ziel, aber leider noch keine Realität.

Diese Ausgangslage und welchen Einfluss sie auf bestehende Ungleichheiten hat oder haben könnte, muss bei der Planung, Umsetzung und Bewertung von staatlichen Maßnahmen also berücksichtigt werden. Dazu braucht es ein systematisches Verfahren, das dafür sorgt, dass die Geschlechterverhältnisse und ihre gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen in allen Stadien eines Entscheidungsprozesses oder eines Projekts berücksichtigt werden. Denn auch ein vermeintlich geschlechtsneutrales Vorgehen bzw. die Nichtberücksichtigung vorhandener geschlechtsspezifischer Ungleichheiten kann zu deren Vertiefung führen und damit dem gesetzlichen Ziel der Gleichstellung zuwiderlaufen.

Gender Mainstreaming

Hier setzt das Instrument des sogenannten Gender Mainstreamings an, das ein auf die Gleichstellung aller Geschlechter ausgerichtetes Denken und Handeln in der täglichen Arbeit zum Ziel hat. Mit Hilfe des Gender Mainstreamings soll ein »Gleichstellungsreflex« ausgelöst werden, durch den die Geschlechterperspektive bereits im Vorfeld zu einem Kriterium aller Entscheidungsprozesse und zu einem integralen Bestandteil des Verwaltungshandelns wird. Dabei sollen geschlechtsspezifische Ausgangsbedingungen erkannt und geplante Maßnahmen so gestaltet werden, dass Ungleichheiten und Benachteiligungen bewusst entgegengewirkt wird, anstatt sie durch ein vermeintlich geschlechtsneutrales Vorgehen unabsichtlich zu verstetigen.

Make Gleichstellung Mainstream, finally!

Zugegeben, Gender Mainstreaming klingt irgendwie unsexy. Wer will schon Mainstream sein? Trotz des sperrigen Begriffs lohnt sich ein Blick darauf, was Gender Mainstreaming eigentlich bedeutet und welche Chancen darin liegen, es im Interesse aller zu praktizieren. Denn bei konsequenter Umsetzung trägt Gender Mainstreaming zu einer generellen Qualitätssteigerung von Maßnahmen, zu mehr Innovationskraft, einer besseren Ausschöpfung von Potenzialen sowie einem insgesamt gerechteren und effizienteren Handeln bei.

Eine Strategie der Gleichstellungspolitik

Gender Mainstreaming bedeutet, dass Organisationen alle geplanten Maßnahmen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter überprüfen und gegebenenfalls proaktiv Maßnahmen zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit ergreifen. Im Sinne eines intersektionalen Ansatzes sollte Gender Mainstreaming so praktiziert werden, dass neben dem sozialen Geschlecht (Gender) auch andere Diversitätsdimensionen, wie z.B. die ethnische Herkunft, die Religionszugehörigkeit, das Alter etc. berücksichtigt werden.

Es gibt keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit

Gleichberechtigung bedeutet nicht unbedingt, dass alle Menschen gleich behandelt werden. Denn wenn man verschiedengeschlechtliche Personengruppen bei einem bereits ungleichen Status quo formal gleich behandelt, also quasi »genderblind« agiert, besteht die Gefahr, dass diese Ungleichheiten fortbestehen oder sogar verstärkt werden. Eine nachhaltige Gleichstellungspolitik denkt diese Ungleichheiten von vornherein mit und wirkt ihnen aktiv entgegen.

Kein Gender Mainstreaming ist keine Option

Seit 2008 ist die Verpflichtung der EU zu Gender Mainstreaming in Art. 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU fixiert. Auf bundesgesetzlicher Ebene ist die Strategie als »durchgängiges Leitprinzip« im Bundesgleichstellungsgesetz enthalten, und auch die gemeinsame Geschäftsordnung aller Bundesministerien verlangt, den Gender Mainstreaming-Ansatz bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesregierung zu berücksichtigen.

Eine Datenbasis schaffen

Ungleichheit ist messbar. Sie drückt sich z.B. numerisch eindeutig im sogenannten »Gender Pay Gap« (Deutschland 2020: 18%) oder in ungleich besetzten Führungspositionen (Deutschland 2021: 24,6% Frauen) aus.

Institutionen müssen darum systematisch nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Statistiken erheben. Der Vorteil einer geschlechtsspezifischen Datenanalyse besteht darin, dass komplexe gesellschaftliche Phänomene sichtbar gemacht und Maßnahmen pass- und zielgenauer gestaltet werden können.

Never ending story

Gender Mainstreaming ist eine Querschnitts- und Gemeinschaftsaufgabe, die alle Bereiche einer Organisation durchdringt, und die nicht nur von speziellen Gleichstellungsabteilungen oder –beauftragten vorangebracht wird. Als integraler Bestandteil einer fortlaufenden Organisationsentwicklung ist es ein »work in progress«, denn Gerechtigkeit ist kein Zustand, sondern ein fortlaufender Prozess. Das bedeutet zwar einerseits, dass wir niemals fertig sind, andererseits aber auch, dass sich alles immer verändern wird – und das hoffentlich zum Besseren.

Gender Mainstreaming – vier Schritte

Gender Mainstreaming ist eine Methode, mit deren Hilfe wir Prozesse geschlechtergerechter gestalten können – sowohl in Institutionen als auch in Unternehmen. 

In vier Schritten zeigen wir euch, wie ihr nachhaltig Strukturen implementieren könnt, die die Gleichstellung der Geschlechter fördern und nachhaltig verankern.

1

Analyse

Welche geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bestehen?

Welche Einflussfaktoren gibt es?

2

Ziele setzen

Welche gleichstellungspolitischen Zielsetzungen sollen erreicht werden?

Welche geschlechtsspezifischen Wirkungen kann die Maßnahme haben?

3

Umsetzen

Welche Maßnahmen werden ergriffen, damit Chancengleichheit hergestellt wird?

Welche Kriterien sollen bei der Auswahl konkreter Projekte gelten?

4

Evaluieren

Werden alle zu erhebenden Daten nach Geschlecht differenziert und dokumentiert?

Wurden die Ziele erreicht?

Wie finden die Ergebnisse Eingang in die weitere Umsetzung?

Was kann noch verbessert werden?

Gleichstellung, nicht Gleichmacherei

Gleichstellung bedeutet nicht unbedingt, dass alle Menschen gleich behandelt oder gar gleich gemacht werden sollen. Das Gender Mainstreaming berücksichtigt die verschiedenen Ausgangslagen von Frauen und Männern. Rollenverteilungen, die zu einer höheren Belastung oder sonstigen Nachteilen für ein Geschlecht führen, dürfen durch staatliche Maßnahmen nicht verfestigt werden. Faktische Nachteile, die typischerweise ein Geschlecht treffen, dürfen hingegen durch begünstigende Maßnahmen ausgeglichen werden.

#zeichensetzen
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